Fußball-Fans mit Herz für die Eintracht und für andere
Eintracht T-Shirt angezogen, Schal vor den Fernseher ausgebreitet: mit Ritualen beginnt jedes Spiel eines echten Eintracht-Fans, auch wenn derzeit nur vor dem Fernseher mitgefiebert werden darf. Trainer Adi Hütter hat gerade erst die Vertragsverlängerung unterschrieben und schielt nach der Europa-League. Für wahre Eintracht Fans sind das rosige Zukunftsambitionen, auch für die aus Burgholzhausen. Die schweben ohnehin auf Wolke 7, denn jetzt ist es amtlich: Seit einigen Tagen sind die „Holzhäuser Adler“ als offizieller Fanclub der Frankfurter Eintracht anerkannt. Nach dem erforderlichen Probejahr kommt die Urkunde rechtzeitig zu einem kleinen Jubiläum. Der junge Verein der Fußballfreunde wurde am 1. September 2018 gegründet und zählt inzwischen 41 Mitglieder, allesamt friedliebende Fans im Alter zwischen 8 und 73 Jahren: die beiden jüngsten sind die 8-jährige Lenya und ihr 11-jähriger Bruder Dorian. Sie haben die Liebe zur Eintracht von ihrem Vater und Vorstandsmitglied Jürgen Pachonik geerbt und fiebern schon fleißig bei jedem Spiel mit „ihrer Mannschaft“.
Das familiäre Miteinander zeichnet diesen Fanclub aus. Erstaunlich aber ist, dass nur zehn Fans direkt in Burgholzhausen leben. Kassierer Dominik Bruckert wohnt in Neu-Isenburg, zwei weitere Mitglieder sogar in der Schweiz nahe dem Bodensee, aber sie sind ehemalige Burgholzhäuser. Mit 73 Jahren ist Peter Maurer der Älteste, ebenfalls seit ewigen Zeiten Eintracht-Fan. Ins Stadion geht er selten, denn er ist erblindet, aber dennoch freut er sich über die Gemeinschaft im Burgholzhäuser Fanclub und besonders, wenn er zum Gelingen der Weihnachtsfeier mit selbstgemachten Frikadellen beitragen kann. Dieses familiäre Miteinander ist dem Vorsitzenden Daniel Dauernheim sehr wichtig. Es soll auch familiär bleiben, sie wollen offen für alles sein und für die Prinzipien eines offiziellen Eintracht-Fanclubs stehen: So haben sie sich schriftlich zu Gewaltfreiheit bekannt, Stadionbesuche mit Pyrotechnik sind ein absolutes No-Go. Bei Nichtbeachtung droht der Entzug der Ernennung als offizieller Fanclub. Die Holzhäuser Adler wollen einfach echte Fußballfans sein, das Fußballspiel im Vordergrund sehen und dabei andere Menschen respektieren, egal welcher Herkunft, Religion, Sprache oder Geschlechts.
Sie sind keine Radikale und wollen helfen, die Werte der Eintracht Frankfurt in der Öffentlichkeit nach außen zu tragen. Die Mitglieder werden alle dem Dachverband gemeldet. Wenn ein Verein auffällt, fliegt er raus. „Wir wollen nicht nur rumbrüllen, aber natürlich können wir es im Stadion auch mal!“, so Jürgen Pachonik augenzwinkernd, der für die medialen Aufgaben im Verein zuständig ist. „Wir wollen auch regional was tun, zum Beispiel für Kinder.“ Dazu aber später mehr.
Müssen Fanclub-Mitglieder männlich sein?
Klären wir erst einmal die Frage, ob Fanclub-Mitglieder männlich sein müssen. Ein klares Nein. Die Burgholzhäuserin Ruth Gronwald erzählt, warum sie gerne Mitglied bei den Holzhäuser Adlern geworden ist. „Als Eintracht-Fan kam die Idee mit dem Fanverein für uns wie gerufen. Mit Ricky und meiner Freundin Brigitte Maurer und deren Familie sind wir eingetreten. Über WhatsApp sind wir immer bestens informiert über die SGE (Anm. traditioneller Name der Sportgemeinde Eintracht). Leider hat in diesem Jahr Corona alles über den Haufen geworfen. Deswegen sind wir umso mehr froh, im letzten Jahr mit dem vollbesetzten Fanflieger mit nach Porto zum Spiel der Eintracht geflogen zu sein (…), ein unvergessliches Erlebnis.“ Sie fasst damit schön zusammen, was die Gründer des Fan-Clubs sich als Ziel gesetzt haben.
Am Anfang stand der Pokal-Sieg
An den 27. Mai 2018 wird sich jeder Eintracht-Fan erinnern. Große Euphorie herrschte, als „ihre“ Eintracht nach 30 Jahren endlich wieder den DFB-Pokal nach Frankfurt brachte. Für das Endspiel in Berlin hatten sie zwar keine Karten, aber natürlich waren die Burgholzhäuser Fans aus Leidenschaft im Stadion in Frankfurt und haben dort den unglaublichen 3:1 Sieg ihrer Mannschaft gegen den FC Bayern gefeiert. Ganz Frankfurt war auf den Beinen oder am TV-Bildschirm als die Fußball-Equipe von Niko Kovac auf dem Balkon des Römers stand und mit Boateng, Alex Meier oder Bengalos die Stadt rockte.
Daniel Dauernheim, Gründer und Vorsitzender des EFC Holzhäuser Adler, erzählt, dass er „nach dem Hype so einen Spleen“ gehabt hätte und gerne einen eigenen Fanclub ins Leben rufen wollte. Sein Vater nahm ihn mit 8 oder 9 Jahren zum ersten Mal mit in den G-Block ins Waldstadion, wie die Deutsche Bank Arena damals noch hieß. Zuhause hat er einen kleinen Eintracht-Raum, ein Foto der Westkurve in Großformat ziert die Wand. Urkunden, Shirts, Schals und andere Fanartikel und sogar ein gemalter Eintracht-Adler in Gold, von dem Homburger Fotograf Wenzel gemalt, finden sich dort und natürlich ein Fernseher, wo er gerne mit Vereinskollegen ein Match seines Lieblingsvereins verfolgt. Den Fußballfan kann der 42-Jährige definitiv nicht leugnen. Er ist selbst aktiv in der SOMA des TV Burgholzhausen. Dort fand er schnell einige begeisterte Frankfurt-Fans, die die Idee vom Fanclub gut fanden, so auch den Rodheimer Jürgen Pachonik. Der lebte früher in Heddernheim und brachte Erfahrung als Fanclub-Mitglied mit. Dauerkarteninhaber Torsten Dillmann, heutiger Stellvertreter, war natürlich auch sofort mit Feuer und Flamme dabei. Sie erzählten ihren Freunden und dem ein oder anderen Bekannten von der Eintracht-Tribüne davon und die Idee wurde in die Tat umgesetzt: Im September 2018 wurde der Fanclub Holzhäuser Adler gegründet.
Jetzt raten Sie mal, warum der jährliche Mitgliedsbeitrag genau 20,18 Euro beträgt?
Offizieller Eintracht-Fanclub steht für Gewaltfreiheit
Die Fanabteilung der Eintracht hat rund 81.000 Mitglieder, viele sind in rund 800 Eintracht Fanclubs organisiert. Die Holzhäuser Adler reihen sich ein in die lange Liste mit Oberursel, Bad Homburg oder Ober-Erlenbach. Durch die Dachorganisation gibt es keine großen Vorteile, außer Nutzungsrechten für das offizielle Logo, gelegentlichen verbilligten Karten für Heimspiele oder Fanartikeln. Aber alle offiziellen Fanclubs verpflichten sich zum friedlichen Miteinander vor und bei den Spielen. Zudem gibt es immer wieder aktuelle Infos und ein jährliches Fanclubtreffen im Stadion, wo zwei Abgesandte pro Verein hin dürfen. Wegen der Corona-Einschränkungen durfte in diesem Jahr nur eine Person teilnehmen und so brachte Dany Maurer von dort die offizielle Ernennungs-Urkunde mit nach Burgholzhausen. Extra wegen Corona gab es lizensierte Schlauchschals als Mund-Nasenschutz mit dem eingedruckten Namen aller offiziellen Fanclubs, und „EFC Holzhäuser Adler“ stand auch mit drauf!
Soziale Ader der Holzhäuser Adler
Natürlich fahren sie gemeinsam zum Heimspiel ins Stadion. Sie streamen auch mal ein Fußballspiel mit Beamer und Bettlaken in der Alten Schule in Burgholzhausen. Sie waren gemeinsam in Porto und im März 2019 auch beim Achtelfinal-Rückspiel der Europa League in Mailand. In einem gewaltigen – heute undenkbaren – Fanmarsch sind sie gemeinsam mit 15.000 Eintracht-Fans begeistert durch die Innenstadt gezogen und haben den 1:0 Sieg der SGE gefeiert. Daniel Dauernheim berichtet aber auch freimütig von Schattenseiten der großen Fanbewegung. “Ich habe mich für die deutschen Fans geschämt.“ Die Fans hatten Unmengen von Unrat in der Stadt hinterlassen.
Daniel Dauernheim betont, dass dem Vorstand auch Engagement vor Ort wichtig ist. Bei einem Getränkestand auf dem Hugenottenmarkt vor zwei Jahren haben sie mit vier Personen die drei heißen Tage erfolgreich gestemmt. „Wir haben es geschafft und wieder was gemacht“, lacht Jürgen Pachonik stolz. Auf dem Rodheimer Weihnachtsmarkt waren sie bereits zweimal vertreten und sind traurig, dass er in diesem Jahr nicht stattfinden wird. (Bei der Burgholzhäuser Weihnacht waren sie übrigens noch nicht dabei, um mit ihrem Angebot nicht in Konkurrenz mit dem Burgholzhäuser Kerbeverein zu treten.) Eintracht-Fans kommen an ihren Stand, sie kommen ins Gespräch und fachsimpeln und können gleichzeitig etwas Werbung für ihren Fanclub und die Eintracht machen. Auch ein neues Mitglied konnte so gewonnen werden. Der Verein darf gerne weiter anwachsen, aber der Vorstand will keinen „Riesenverein“ aus dem Fanclub machen. Es soll familiär bleiben, sie wollen Spaß bei der Vereinsarbeit haben, aber es soll auch noch Zeit für andere Dinge und die Familie bleiben. Einmal im Jahr sind die Frauen herzlich eingeladen ins Vereinshaus Alte Schule zu kommen, entweder zu einem Sommerfest oder einer Weihnachtsfeier.
Benefizwanderung für Kinderstiftung Bärenherz im Oktober
Sozial engagiert zeigt sich der Fanclub am 3. Oktober 2020. Der Verein organisiert ab 9.30 Uhr eine Wanderung vom Parkplatz an der Alten Schule (geändert!) in Burgholzhausen Richtung Karben und zurück mit einem Stopp am Naturfreundehaus Petterweil. Startgeld beträgt 10 Euro. Es wird gesponserte T-Shirts geben. Der Erlös geht an die Kinderstiftung Bärenherz in Wiesbaden, die schwerstkranke Kinder und ihre Familien unterstützt. Anmeldung erforderlich, es gelten auch hier die Corona-Hygienebedingungen und Abstandsregeln. Sponsoren oder auch Spenden dafür sind gerne gesehen.
Der Vorsitzende Daniel Dauernheim fasst die Gründe für sein Engagement zusammen: Die Fanclub-Arbeit „macht Spaß und wenn man Leute glücklich macht, hat es sich doch gelohnt!“
Der EFC Holzhäuser Adler ist erreichbar per E-Mail vorstand_efcholzhausen@web.de
SN